Weinbergsarbeit im Herbst
Alle Jahre wieder ist die Ernte gut vorzubereiten
Die Traubenlese 2024 ist in vollem Gange. Zu einer erfolgreichen Ernte gehört eine gründliche und konsequente Vorbereitung. Das Ziel der Winninger Winzer ist die Ernte von gesunden und vollreifen Trauben. Dafür ist der Aufbau einer intakten, leistungsfähigen Laubwand im Sommer erforderlich. Aktiv in die Laubwandgestaltung greifen die Maßnahmen Ausbrechen, Triebreduzierung, Heften, Entblätterung, Ausgeizen und Gipfeln ein. Des Weiteren sind Teilentfruchtung und Traubenhalbierung als Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Trauben zu nennen. Eine neue Gefährdung der Traubengesundheit scheint das vermehrte Auftreten von Fäulnispilzen zu werden. Fäulnisprobleme traten in den vergangenen Jahren sehr unterschiedlich auf. Anfällig sind in den Jahren mit feucht-warmen Witterungsbedingungen vor allem Sorten und Klone mit kompakten Trauben. Ausschlaggebend dafür dürfte die Dehnfähigkeit der Beerenhaut sein. Bei kompakten Trauben, dünner Beerenhaut und längerer Benetzungsdauer ist die Gefahr der Fäulnisbildung bei Reifegraden zwischen 50 und 60 °Oechsle bei anfälligen Sorten besonders groß. Auch hierfür bringt eine frühzeitige Entblätterung der Traubenzone dank Abhärtungseffekte Linderung der Problematik. Schadhafte Trauben und Beeren dürfen nicht mit ins Lesegut.
Ernteplanung
Die klimatischen Extreme der letzten Jahre lehren uns, über den Herbst sehr variabel sein zu müssen, insbesondere bei der Wahl des Lesezeitpunktes und der Erntegeschwindigkeit. Weinberge, die traditionell am Schluss gelesen wurden, um das bestmögliche Qualitätspotenzial zu verwirklichen, unterliegen mittlerweile der besonderen Beobachtung und müssen inzwischen eher zu einem früheren Zeitpunkt selektiv geerntet werden. Grundsätzlich müssen sich die Winzer darüber im Klaren sein, welche Weintypen benötigt werden. Dazu ist eine Schätzung der betriebsinternen Erntemenge hilfreich. Solche Schätzungen können zwar nur vorläufig sein, sie helfen jedoch in der Planung der benötigten Erntehelfer. Die freie Lagerkapazität im Keller sollte ermittelt werden. Diese ist mit der zu erwarteten Erntemenge abzustimmen. Im Jahr 2023 ist der Traubenbehang sehr unterschiedlich. Dank günstiger Blütebedingungen verlief die Blüte der Reben meist ohne Probleme. Durch die Belastungen im vergangenen Jahr ist der Behang vieler Rebstöcke in der Winninger Gemarkung, vor allem aber in den terrassierten Steillagen nicht so stark.
Reifemessungen
Die Reifekontrollen in den eigenen Weinbergen dürfen nicht vernachlässigt werden. Schließlich sind lagenbedingte Abweichungen zu ermitteln. In den Untersuchungen zur Ermittlung der Reife sind neben den Kurven des Mostgewichtsanstiegs und des Säureabbaus auch Hinweise auf die pH-Werte, das Verhältnis Äpfelsäure zu Weinsäure und die NOPA-Werte wichtig. NOPA-Werte geben Auskunft über die im Most vorhandenen hefeverwertbaren Stickstoffverbindungen. Sie sind wichtig für die Nährstoffversorgung der Hefen und helfen, Gärstörungen zu vermeiden.
Gerätekontrolle
Selbstverständlich gehört zur Herbstvorbereitung auch die Funktionskontrolle aller Maschinen und Geräte wie Presse, Abbeermaschine, Pumpen, Filter, Rührwerke, Armaturen, Hefefilter, Kühlanlagen, Erhitzer, Flotationsanlage etc. Des Weiteren sind die Fragen zu beantworten: Sind genügend Scheren, Leseeimer, Logel und Bütten vorhanden? Wie sieht es mit dem Transport- und Abladesystem aus? Funktioniert der Gabelstapler einwandfrei? Mostwaage und Refraktormeter sollten überprüft werden. In vielen Weinbaubetrieben mit Kellerwirtschaft ist ein pH-Meter vorhanden. Die pH-Elektrode muss überprüft und kalibriert werden. Sind alle Chemikalien zur Schnellanalyse vorhanden und in gebrauchsfähigem Zustand? Vor dem Herbst sind alle notwendigen Behandlungsstoffe zu ordern.
Im Zuge der Herbstvorbereitungen stehen die Themen Reinigung und Desinfektion ganz oben an, nach dem Motto „Sauberkeit ist oberstes Gebot!“ Infektionsquellen für schadhafte Mikroorganismen sind allüberall vorhanden. Bei Lese und Traubenverarbeitung sind dies: Leseeimer, Bütten, Logel, Traubenwagen, Schnecke, Entrapper, Förderbänder. Im Keller sind alle Tanks und Fässer intensiv zu reinigen. Das gleiche gilt für Schläuche, Weinpumpen, Anstechhahn, Rührwerke, Eimer und Stützen.
Alles was mit Wein, Most und anderen im Keller befindlichen Flüssigkeiten in Kontakt tritt, muss vor und auch während der Lese regelmäßig gereinigt werden. Die sorgfältige Reinigung der Betriebsmittel vor der Weinlese ist eine nicht zu unterschätzende Maßnahme für eine hohe Weinqualität. Zur optimalen Betriebshygiene gehören die Entfernung von Weinstein aus Tanks und Fässern. Auch alle Pumpen, Geräte, Filter, Schläuche und Armaturen sind gewissenhaft zu reinigen.
Nährstoffversorgung der Hefen
Eine der häufigsten Ursachen für Gärprobleme ist eine mangelhafte Nährstoffversorgung der Hefe. Die im Most analysierten Werte wie Mostgewicht, Mostsäure und pH-Wert sind für die Ernährungssituation der Weinhefen nur teilweise von Bedeutung. Hefen benötigen zur Vermehrung und im Gärungsstoffwechsel verschiedene Nährstoffe. Neben den Kohlenstoffverbindungen wie Zucker sind für die Hefen vor allem Stickstoffverbindungen und die Mikronährstoffe wie Salze, Vitamine und Spurenelemente sehr wichtig. Die Ansprüche können jedoch je nach Hefestamm sehr unterschiedlich sein. Die Wahl der Reinzuchthefe in Bezug auf die Nährstoffversorgung und den gewünschten Endvergärungsgrad ist somit von großer Bedeutung.
Die Hefen werden in der Weinbereitung auch als kleine Helfer mit großer sensorischer Wirkung bezeichnet. Die Grundsatzfrage für die Verantwortlichen des Weinausbaus lautet Spontangärung versus Reinzuchthefeanwendung. Wer die Spontangärung wählt, muss den Gärverlauf stets kontrollieren. Bei Fehlgärungen kann in solchen Fällen dann meist noch reagiert werden. Die Spontanflora kann eine sehr stark unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen. Aber auch die Reinzuchthefen besitzen sehr unterschiedliche Eigenschaften in ihren Stoffwechselaktivitäten. Durch die Auswahl der Hefen lassen sich Weinstile und Aromaausprägung differenzieren. Der Verlauf einer Gärung ist abhängig von der Nährstoffversorgung für die Hefen, von Temperatur, pH-Wert, dem osmotischen Stress, dem jeweilig entstandenen Alkoholgehalt, der allgemeinen Vitalität der Hefen sowie dem Glucose/Fructose-Verhältnis. Die Vielfalt der Möglichkeiten ermöglicht schließlich eine Differenzierung der Weinstile durch die Hefeauswahl.
Text: Gerd Knebel
Quelle: Kellerwirtschaftlicher Informationsservice der DLR